Kolumne: Arbeiten in Zeiten des Klimawandels

Es ist heiss in Biel. Ich sitze zu Hause und schwitze, während ich meine Kolumne schreibe. Ich merke, dass ich für alles etwas länger brauche; dass ich nicht so schnell arbeite, wie ich es mir gewohnt bin. Dabei habe ich Glück: Ich sitze am Schatten – wie während dem grössten Teil meiner Arbeitszeit. Ich muss nicht draussen bei fast 40 Grad betonieren, einen Garten anlegen oder ein Gerüst aufbauen. Dass körperliche Arbeit draussen bei Wind und Wetter nicht nur extrem hart, sondern bei dieser Hitze auch gesundheitsgefährdend ist, ist längst nachgewiesen. Dabei ist der Arbeitgeber für die Gesundheit seiner Angestellten verantwortlich. Bei Hitze muss er seine Mitarbeitenden über die Risiken informieren, Wasser und Sonnecrème zur Verfügung stellen und für Pausen am Schatten sorgen. Da wo das nicht reicht, wo die Hitze die Arbeit unerträglich macht, müssen die Arbeitszeiten angepasst werden oder die Baustellen eingestellt werden. Viele Firmen setzen das jedoch nicht um, der Druck, rechtzeitig fertig zu werden, ist zu hoch. Die Planungen werden immer enger, die Termine immer kürzen; alles zusammen belastet die Gesundheit der Arbeitnehmenden. Insbesondere die öffentlichen Bauherrinnen, auch die Stadt Biel, stehen in der Pflicht. Sie müssen die Gesundheit der Bauarbeiter achten, realistische Termine setzen und bei aussergewöhnlichen Ereignissen nach hinten verschieben.
Die derzeitige Hitzewelle ist eine Vorbotin darauf, was uns noch erwartet. Der Klimawandel zeigt seine ersten Auswirkungen. Dieser Sommer macht klar: Wir brauchen dringend Lösungen. Nicht nur wie wir den Klimawandel stoppen, sondern auch wie wir mit seinen Folgen umgehen. Diese sind spürbar. Was am Strand angenehm scheinen mag, ist für viele fatal. Bereits jetzt gibt es Todesfälle wegen Hitze: Jedes Jahr erkranken etwa 1’000 Arbeitnehmende an Hautkrebs, weil sie bei der Arbeit der brennenden Sonne direkt ausgesetzt sind. In Hitzeperioden mehren sich auch Unfälle, es sind 7 Prozent mehr als sonst. Doch was erwartet uns in Zukunft? Wie sieht unser Alltag bei zunehmend extremem Wetter aus? Und wie organisieren wir unser Leben und unsere Arbeit unter diesen veränderten Bedingungen? Darauf müssen die Politik und die Gesellschaft Antworten finden. Wir sind die erste Generation, die den Klimawandel erlebt – und wir sind die letzte Generation, die noch etwas dagegen unternehmen kann! Für die Leute, die aber bereits jetzt täglich immer extremerem Wetter ausgesetzt sind, braucht es sofort Lösungen.

Erschienen am 29. Juli 2019 im Bieler Tagblatt

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